Stadt Leinfelden-Echterdingen

Bericht zum Hilfskonvoi nach Kroatien

Foto: KFV ESNT / FFLE

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Am 05.02.2021 machte sich ein Konvoi mit 22 Fahrzeugen und (feuerwehr-)technischem Material von Aichtal ins Erdbebengebiet nach Kroatien auf eine rund 800 km lange Reise. Anbei unser Nachbericht mit teilweise sehr emotionalen Eindrücken.

Die Serie von mehreren Erdbeben südöstlich von Zagreb haben seit dem 29.12.2020 zu erheblichen Schäden in der Region Sisak-Moslavina und Leid für die betroffenen Menschen geführt. Ganze Häuser wurden völlig zerstört oder dürfen nicht mehr betreten werden. Auch eine denkmalgeschützte Kirche konnte dem Beben Ende Dezember nicht standhalten. Sieben Menschen kamen bei der Katastrophe Ende 2020 ums Leben.

Bereits am 01.01.2021 startete ein Konvoi in die betroffene Region mit Hilfsgütern aus dem Landkreis Esslingen.

Immer wieder hat die Erde in der betroffenen Region gebebt. Sebastian Kurz, Bürgermeister von Aichtal und aktiver Feuerwehrmann, hatte Kontakt zum Generalkonsul der Republik Kroatien, Ivan Sablić aufgenommen und Unterstützung angeboten. Schnell war klar: Als Feuerwehr wollen wir noch viel mehr mit anpacken und einen Konvoi starten! Bei unserem Konvoi wurden zielgerichtet die örtlichen Feuerwehren unterstützt, die einerseits selbst Betroffene der Erdbeben sind, anderseits aber trotzdem ihrer Aufgaben nachkommen.

Sebastian Kurz und Carsten Zander, Pressesprecher der Feuerwehr LE, berichten hier von Ihren bewegenden und emotionalen Eindrücken.

Kurz: „Über das Konsulat wurde eine Abfrage bei den örtlichen Zivilschutzbehörden eingeleitet, weil wir fokussiert helfen werden.“ Die Hilfslieferung bezog sich auf funktionstüchtige feuerwehrtechnische Ausrüstung, Stromaggregate, Pumpen, Werkzeug sowie Schrauben, persönliche Schutzausrüstung, FFP2 Masken und insbesondere Zelte und Wohncontainer. Feuerwehren, Hilfsorganisationen, Firmen und Privatpersonen aus dem gesamten Landkreis Esslingen und darüber hinaus spendeten rund 100 Tonnen Hilfsgüter. „Kurz vor Abfahrt meldete sich noch die Firma Breuninger bei uns, die 68 Kartons mit neuer Kleidung spendete“, so Kurz.

Vorab wurde ein Hygienekonzept entworfen. Einen Schnelltest vor der Abfahrt ermöglichten es uns, ohne Maske im Fahrzeug zu fahren. Natürlich wurden sämtliche Schutzmaßnahmen beim Kontakt mit anderen Personen eingehalten.

Am 05.02.2021 ging es dann um 06.30 Uhr von Aichtal aus los. Mit 22 Fahrzeuge, darunter auch zwei Lastwagen der Nürtingen Spedition Hiller und insgesamt 55 Einsatzkräfte, setzten sich am Freitagmorgen in Bewegung. Ihr Ziel: Das fast 800 Kilometer entfernte Zagreb. Über die Sozialen Medien berichteten wir „live“ von unserer Fahrt. Antenne 1 sendete das ganze Wochenende über Interviews von uns. Wie sehnsüchtig wir erwartet wurden, haben wir direkt nach dem Grenzübergang zu spüren bekommen: „Eine Polizeieskorte begleitete uns bis nach Zagreb. Es war wie bei einem Staatsbesuch“, sagt Kurz: „Am Straßenrand standen Leute und applaudierten. Sie wussten, dass wir kommen, weil das kroatische Fernsehen darüber berichtet hatte.“ Nach einer 14-stündiger Fahrt, traf unser Konvoi am Stadion in Kroatiens Hauptstadt ein. „Wir parkten die Lastwagen und gingen ins Hotel. Die Polizei bewachte LKW die ganze Nacht“.

Am nächsten Tag ging es nach Glina. Die kleine Stadt liegt nur wenige Kilometer vom Epizentrum entfernt. „Insgesamt sind 20 000 Häuser so stark beschädigt, dass sie nicht bewohnbar sind“, so Kurz. „Es sah aus, wie nach einem Luftangriff“. Hier wurden wir unter anderem von Kroatiens ehemaliger Staatspräsidentin Kolinda Grabar-Kitarović und Glinas Bürgermeister Stjepan Kostanjević in Empfang genommen.

„Wir bekommen oft schlimme Dinge zu sehen. Aber nicht in dieser Größenordnung“ erinnert sich Zander. „Die Bewohner in den umliegenden Dörfern schlafen in Container oder Wohnwagen – wenn sie Glück hatten und schon einen bekommen haben. Andere müssen in Zelten oder Autos schlafen.“

Unser erstes Ziel war die Kathedrale von Glina. Sie ist rund 200 Jahre alt und steht unter Denkmalschutz. Im Jugoslawischen Bürgerkrieg vor rund 25 Jahren wurde die Kirche erheblich zerstört. Geld wurde gesammelt und der Wiederaufbau hatte begonnen. Die Kirche war bereits eingerüstet. Dann hat das Beben vom 29. Dezember 2020 alles zu Nichte gemacht. Heute glaubt keiner mehr daran, dass die Kirche je wieder aufgebaut werden kann. Auch in den umliegenden Dörfern tobte der Bürgerkrieg damals und es gab viele Opfer in der Bevölkerung zu beklagen. Noch heute sind 37 Menschen vermisst. Sebastian Kurz erzählt von einer Situation, die ihn besonders emotional ergriffen hat: „Wir kamen zu einer zerstörten Kapelle mit angrenzendem Friedhof. Durch das Erdbeben hatten sich die Steinplatten verschoben oder waren zerbrochen. Überall waren offene und zerstörte Gräber“. Zander ergänzt: „Als Feuerwehrleute erleben wir viele schlimme Situationen. Das hier hatte uns aber alle emotional mitgenommen. Wir hatten Tränen in den Augen“.

Die zahlreichen beschädigten Häuserdächer bereiten größte Probleme. „Die Menschen haben keine Möglichkeiten, die Dächer abzudecken. Die Planen und Leitern, die wir dabei hatten, kamen gerade rechtzeitig“, sagt Kurz. Spätestens jetzt war klar: „Unsere Hilfe war bitter nötig und jede Strapaze wert!“ sagt Zander.

Viele Häuser können nicht mehr gerettet werden. Sie wurden mit Aufklebern in grüner, orangener oder roter Farbe markiert. „Grün markierte Gebäude wurden zum Betreten freigegeben. Aus orangenen durfte man noch das Nötigste rausholen. Rote durften nicht mehr betreten werden.“ erklärt Kurz. Das Rathaus von Glina wurde orange markiert. Im Büro des Bürgermeisters (das Rathaus ist orange gekennzeichnet) zieht sich ein riesiger Riss durch die Wand. Überall liegt Putz auf dem Boden. Wir durften kurz ins Büro des Bürgermeisters, der Rest vom Rathaus ist aber gesperrt. Der Feuerwehr vor Ort fehlen die richtigen Gerätschaften zur Sicherung. Sie sind für derartige Einsätze schlicht nicht ausgerüstet. Zander: „Die Ausrüstung der Rettungskräfte ist nicht mit dem Standard von THW und Feuerwehr in Deutschland zu vergleichen.“

Kurz verkündete noch vor Ort, dass er im Laufe des Jahres ausgemusterte Feuerwehrfahrzeuge in die Region schicken möchte. „Fahrzeuge, die bei uns 25 – 30 Jahre alt sind und ausgemustert werden, gelten hier quasi als neuwertig“.

Erschöpft machten wir uns am Sonntagmorgen wieder auf den Rückweg. Direkt nach dem Grenzübertritt nach Österreich benötigten wir Hilfe. Ein Kamerad hatte sehr starke Schmerz. Mit einem Rettungswagen wurde er in Spittal ins Krankenhaus gebracht. Eine Not-OP wurde durchgeführt. Der Blinddarm war durchgebrochen. Glücklicherweise ist er seit dem 14.02. wieder in Deutschland und es geht im soweit gut. Nachdem der Konvoi seine Weiterfahrt angetreten hatte, wurden wir noch von einem Schneesturm überrascht. Mit teilweise 40 km/h setzten wir die Reise fort. Gegen 22 Uhr war wir wieder zurück in Aichtal. Direkt bei der Ankunft in Deutschland wurde der zweite Test durchgeführt, am 13.02.2021 der dritte. Alle Testungen waren negativ!

Hast Du Lust, Dich in der Feuerwehr LE zu engagieren? Dann zögere nicht und sprich uns an. Gerne per Mail unter kontakt@feuerwehr-le.de. Weitere Infos findest Du hier  https://www.feuerwehr-le.de/seidabei.html

 

Carsten Zander
Pressesprecher
Freiwillige Feuerwehr
Leinfelden-Echterdingen
www.FEUERWEHR-LE.de

Folgende Feuerwehren haben den Konvoi aktiv begleitet:

Aichtal, Aichwald, Erkenbrechtsweiler, Esslingen a.N., Filderstadt, Hochdorf, Leinfelden-Echterdingen, Neuffen, Neuhausen a.d.F., Notzingen, Nürtingen, Reichenbach a.d.F., Schlaitdorf, Schönwald (Schwarzwald).

Weit mehr Feuerwehren, Hilfsorganisationen, Firmen und Privatpersonen haben in den Wochen vor dem Konvoi mit Sachspenden maßgeblich zum Gelingen beigetragen.

Auch wir haben einiges von unserem Material gespendet und angeliefert, das seht ihr hier unten: